9.000 Euro Zuschuss an den Ev. Posaunentag?!

Die gbsDresden hat eine Anfrage zur Vorlage V0817/15 (Förderung von Großveranstaltungen 2016) an den Ausschuss für Kultur und Tourismus des Dresdner Stadtrats gestellt. Aus der Vorlage geht hervor, dass auch der „Deutsche Evangelische Posaunentag“ (DEPT) mit bezuschusst werden soll, im Umfang von über einem Viertel der Fördermittel aus dem Budget für Großveranstaltungen.

Dies erscheint uns aus drei Gründen enorm fraglich. Zum einen besagt die „Richtlinie Großveranstaltungen“, die in der Begründung der Vorlage zitiert wird, dass ein maßgebliches Kriterium der Fördermittelvergabe in der „nachgewiesenen Kontinuität“ der jeweiligen Veranstaltung liegt, ergänzt durch den Hinweis: „Mindestens drei Jahre in Folge“. Der Evangelische Posaunentag ist aber weder ein jährliches Ereignis, noch ist es kontinuierlich mit der Stadt Dresden verbunden. Der bisher letzte und einzige DEPT fand 2008 in Leipzig statt. Wie ist die geplante Fördermittelbewilligung also mit den Kriterien der „Richtlinie Großveranstaltungen“ vereinbar?

Wäre es nicht sinnvoller und im Sinne der Richtlinien auch viel adäquater, jene Veranstaltungen stärker zu fördern, die ganz zweifellos und teils seit Jahrzehnten feste Größen im Dresdner Jahreslauf sind – etwa das Elbhangfest und das Dixieland-Festival? Oder aber kleinere, junge Veranstaltungsreihen, die wegen finanzieller Engpässe jährlich um eine Fortführung bangen müssen?

Zum zweiten erklärt der DEPT auf seiner Website (http://www.dept2016.de/), dass er sich als „Einleitung der globalen Feierlichkeiten zu 500 Jahre Reformation“ versteht. Dementsprechend hat auch Margot Käßmann, EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017, die Schirmherrschaft über den DEPT 2016 übernommen. (Im Kontrast: 2008 war der damalige Bundespräsident Horst Köhler Schirmherr der Veranstaltung in Leipzig.) Für das Reformationsjubiläum stehen aber bereits mehrere öffentliche Fördertöpfe bereit, die insgesamt weit über 60 Mio Euro umfassen. Neben 12 Mio. Euro, die für den EKT 2017 in Berlin aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt werden, und einer weiteren Million Euro, die die Stadt Leipzig für den „kleinen evangelischen Kirchentag“ 2017 bereitstellen soll, wurden und werden evangelische Veranstaltungen im Rahmen der „Luther-Dekade“ von 2007 bis 2017 mit jährlich 5 Mio. Euro aus Bundesmitteln bezuschusst.

Es muss folglich als unklar und ungerechtfertigt gelten, wenn der DEPT 2016 hier weitere finanzielle Zuwendung aus öffentlichen Haushalten beansprucht.

Drittens ist es fraglich, ob die Förderung des DEPT 2016 mit der „weltanschaulichen Neutralität des Staates“, die aus Art. 4 GG abgeleitet wird, vereinbar sein kann. Schließlich handelt es sich dabei nicht nur um ein musikalisch-künstlerisches Event. Laut Selbstbeschreibung auf seiner Website verspricht der DEPT „drei Tage im Zeichen des Glaubens und der Musik.“

Nach Ansicht vieler Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreicher Initiativen stehen bereits die staatlichen Zuwendungen zu Kirchentagen, die Bezuschussung der Luther-Dekade, die sog. „Staatsleistungen“ der Bundesländer an die Amtskirchen, der staatliche Einzug der Kirchensteuern sowie weitere Vergünstigungen und Privilegien, welche die christlichen Kirchen in Deutschland genießen, in einem enormen Reibungsverhältnis zur grundgesetzlich garantierten Neutralität des Staates. Es muss daher als unklug erscheinen, dieser Liste weitere Subventionen hinzuzufügen, seien sie auch vergleichsweise gering.

Die Giordano-Bruno-Stiftung versteht sich als Interessenvertretung von säkular und humanistisch eingestellten Menschen in Deutschland; in Dresden wird sie durch eine Regionalgruppe vertreten. Die gbs Dresden – Gesellschaft zur Förderung von Aufklärung, Humanismus und Religions-Freiheit e.V. – ist ein Zusammenschluss konfessionsfreier Bürgerinnen und Bürger, die in Sachsen und in Dresden die absolute Mehrheit der Bevölkerung abbilden. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Säkularität des Staates, auf der die Religionsfreiheit überhaupt erst gedeihen kann, zu fördern und In-Frage-Stellungen der Trennung von Kirche und Staat auf kommunaler, Landes- und Bundes-Ebene kritisch zu beobachten.

Weitere Informationen:
Frank Nicolai: „Wenn in Berlin Geld verschenkt wird“ (hpd)
„Reformationsjubiläum: Leipzig will ‚kleinen‘ Kirchentag 2017 finanziell unterstützen“ (idea)
„Große Ausstellung zum Lutherjahr 2017 – Schneider begrüßt Kooperation von Staat und Kirche“ (EKD)
Religionsfreiheit in Deutschland, Weltanschauliche Neutralität des Staates (wikipedia)
Anfrage der gbs Dresden als pdf

Über Falko Pietsch

Pressesprecher stellv. Vorsitzender gbs Dresden
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