Atheist… na und?

Über ein neues weltanschauliches „Coming out“

Atheisten melden sich zu Wort. Bücher wie „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins, „Der Herr ist kein Hirte“ von Christopher Hitchens und Aktivitäten der Giordano Bruno Stiftung, deren Beirat sich wie das „who is who“ der deutschen Wissenschaften ließt, könnten Mut zum Aufatmen machen. Trotzdem ist Religionskritik auch in unseren scheinbar aufgeklärten Tagen nicht ganz ungefährlich (siehe Feuerbachsyndrom).

Nicht nur in Dresden gibt es mehr Konfessionslose und Atheisten als bekennende religiöse Menschen. Nur wenige verschaffen sich bisher als Atheist Gehör. Warum auch könnte man meinen. Tun sie es doch, droht Schimpf und Schande. Der Vorwurf der Intoleranz scheint im Sammelsurium des Einfallsreichtums der Schmach, die einem blüht, noch gering. Auch ist es im Grunde überflüssig sich den Terminus Atheist zu Eigen zu machen, denn er könnte leicht als Manko verstanden werden. Den Kindern der dritten Klasse in den Grundschulen Sachsens werden heute beispielsweise die zehn Gebote nahe gebracht. Je nach dem wie der entsprechende Ethiklehrer den Unterricht gestaltet, wird ihnen suggeriert, dass ethische Konzepte auf religiösen Gesetzen basieren. So findet sich in den Arbeitsmaterialien die Frage: „Welche der Gebote gelten auch für Kinder, die nicht an Gott glauben?“ Da fragt man sich unweigerlich, gelten denn diese Gebote tatsächlich für uns alle? Gibt es nicht bessere ethische Konzepte? Wo steht in den zehn Geboten, dass man nicht foltern soll, dass man kritisch sein sollte und beweglich im Geist? Wieso wird den Kindern so vermittelt, dass sie als „Ungläubige“ eine besondere ethische Erziehung benötigen, die noch dazu auf christlichen Fundamenten ruht? Ethische Verhaltensweisen und Richtlinien gab es schon vor dem Christentum. Wesentliche Menschen- und Freiheitsrechte wurde durch die Aufklärung erkämpft. Warum also werden Kinder nach ihrer (Nicht-)Konfession getrennt unterrichtet. Ist es nicht im Interesse der Ausbildung von Toleranz und Verständnis, ihnen gemeinsam ethische Grundsätze und Grundwissen zu Weltanschauungen und Religionen beizubringen? Religionsuntericht gehört nicht an die Schule. Als ein wichtiges Element unserer Geschichte und Kultur gehört sie unter kulturellen, philosophischen und historischen Aspekten in den Geschichts- und Philosophieunterricht.

A-Theist zu sein bedeutet nicht, dass einem „der für ein friedliches Zusammenleben wichtige Glaube“ fehlt! Es gilt wieder mehr denn je laut zu werden und einen gesellschaftlichen Platz zu beanspruchen. Viele unserer heutigen Freiheiten und Möglichkeiten sind einst gegen die Kirchen erstritten worden. Selbst heute noch ist eine Frau in Amt und Würden für die katholische Kirche ein Graus und unvorstellbar. Aber damit nicht genug! Wie steht es um die Akzeptanz von Homosexualität oder gar gleichgeschlechtlichen Partnerschaften? Letztlich sind dies Dinge, die die Kirchen selbst klären müssen und die zumindest Konfessionslose oft nicht unmittelbar betreffen.

Anders steht es da schon um Paragraphen unserer Gesetzgebung, die eine provokante und kritische Auseinandersetzung mit Religion und insbesondere christlichem Glauben verhindern sollen (siehe §166 StGB). Manchem reicht noch nicht einmal dies (siehe Appell zur Verschärfung des Blasphemieparagraphen).

Trotz aller Argumente ist es jedoch stets wichtig, keine Gräben zu vertiefen und konstruktiv zu bleiben. Es nützt niemandem, wenn Angst geschürt wird. In der kritischen Auseinandersetzung mit Religionen aber auch mit dem so genannten „neuen Atheismus“ mangelt es oft beiden Seiten an Empathie, Feingeist und Verständnis. Pauschalisierungen, Intoleranz und Schuldzuweisungen verschleiern so manche wichtige Debatte zur Religionskritik und engagierten humanistischen Zielen. Leider fehlt unseren der Aufklärung, Bildung und Religionskritik verpflichteten Zielen nicht selten der individuelle Blick auf die Menschen. Der „Moslem von neben an“ ist wohl eher erst einmal Nachbar, freundliche Treppenhausbekanntschaft und jemand, der Pakete für andere Hausbewohner entgegennimmt und keiner, der schon morgen ein Selbstmordattentat plant. Jeder Mensch trägt die Verantwortung für sein Handeln und Tun unabhängig davon ob er gläubig ist oder nicht. Für seinen Glauben oder seine Glaubensfreiheit sollte man sich aber nicht genötigt sehen Entschuldigungen oder Rechtfertigungen vortragen zu müssen. Die meisten Christen, Moslems oder Juden wollen sicher nicht nur über Bibel, Koran oder Tora definiert werden. Wir wollen mit unserem Verein keine Gräben vertiefen, sondern haben unseren Fokus darauf gelegt, konstruktiv vorwärts zu denken. Harsche Kritik ist immer dann gefragt, wenn grundlegende Freiheiten beschnitten werden und Macht missbraucht wird.

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