Sehr geehrter Herr Brade,
anbei übersende ich Ihnen meine Antworten auf Ihre Wahlprüfsteine.
Freundliche Grüße
Sabine Friedel
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I. GESELLSCHAFT
1. Förderpolitik: Was werden Sie unternehmen, damit alle in Sachsen lebenden Menschen ihren kulturellen Neigungen diskriminierungsfrei nachgehen können und öffentliche Förderung für diese Aktivitäten finden?
Diesem Zweck dient die Kulturförderung im Freistaat Sachsen, welche zusammen mit der kommunalen Förderung so auszurichten ist, dass alle Angebote und Sparten angemessen berücksichtigt werden.
2. Gewaltprävention: Wie werden Sie sich für Integrationskurse, Sozialarbeit und schulische Lerninhalte zur Prävention gegen Gewalt „im Namen der Ehre“ und Zwangsverheiratung einsetzen?
Durch die gesicherte Bereitstellung finanzieller Mittel für Träger solcher Projekte.
3. Verdachtsunabhängige Personenkontrollen: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um Polizeibedienstete für „Racial Profiling“ zu sensibilisieren und diesem vorzubeugen?
Eine Aufnahme dieser Inhalte in die Ausbildung.
4. Gesellschaftliches Miteinander: Was werden Sie unternehmen, um Diskriminierung von und Vorbehalte gegenüber trans- und intersexuellen Menschen abzubauen?
Ich werde mich weiterhin für die Förderung von Trägern einsetzen, die Antidiskriminierungsprojekte in diesem Bereich durchführen.
5. Feiertagskultur: Die Einschränkungen an so genannten „Stillen Feiertagen“ (Verbot von Tanz- und Sportveranstaltungen, Film- und Theateraufführungen sowie Demonstrationen) werden von der Mehrheit der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert. Wie werden Sie sich für die Abschaffung der vorgenannten Einschränkungen einsetzen?
Ich persönlich halte diese Einschränkungen für sinnvoll und werde mich nicht für deren Abschaffung einsetzen.
6. Parität: In welche Gremien und Anhörungen werden Sie künftig auch dezidiert säkulare oder Vertreter/-innen der humanistischen Weltanschauung einbeziehen?
Bei Anhörungen ist die fachliche Kompetenz und der entsprechende Erfahrungshorizont für mich ausschlaggebendes Kriterium. Sofern es also bei einer Anhörung um Fragen der Trennung von Religion und Staat geht, müssen Vertreter/innen säkularer Interessenverbände zwingend gehört werden. Bei Anhörungen zu anderen Themen ist die Frage, ob der/die geladene Sachverständige einer Religion angehört, aus meiner Sicht
irrelevant. Gleiches gilt in Gremien.
7. Staatskirchenrecht: Werden Sie für die Abschaffung der im Jahr 1803 auf Lebenszeit der betroffenen Kleriker vorgesehenen, nunmehr auf Gewohnheitsrecht bzw. Staatsverträgen beruhenden Staatsleistungen an die evangelische und katholische Kirche eintreten? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ja. Ich halte es für notwendig, dass die Vertragspartner einen Weg finden, die Verträge in beiderseitigem Einvernehmen zu beenden.
8. Rechtsgrundlagen: Sehen Sie einen Widerspruch zwischen Artikel 109 Abs. 4 (i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV) und Artikel 112 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ja.
II. BILDUNG
1. Unabhängigkeit I: Was werden Sie unternehmen, um staatlich hinreichend finanzierte, weltanschaulich und politisch neutrale sowie von wirtschaftlichen Vertriebsinteressen unabhängige Bildung in Kitas und Schulen zu gewährleisten?
Die gesetzlichen Regelungen im Bereich Kita und Schule sehen genau dies vor. Eine hinreichende Finanzierung besteht noch nicht, deshalb setzt sich die SPD für eine Erhöhung der Ausgaben im Bereich Bildung und Kinderbetreuung ein.
2. „Herdprämie“: Werden Sie über den Bundesrat für die Abschaffung des Betreuungsgeldes eintreten? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Nicht gegenüber dem Bundesrat, sondern gegenüber der Öffentlichkeit, damit bei der nächsten Bundestagswahl die entsprechenden Mehrheiten gewählt werden.
3. Familienbilder: Befürworten Sie die Darstellung von Patchwork-Familien, Regenbogenfamilien, (kinderlosen) Lebenspartnerschaften zwischen Frauen bzw. Männern sowie von allein erziehenden Müttern oder Vätern als der „klassischen Familie“ gleichwertige und gleichberechtigte Lebensentwürfe in Bildungseinrichtungen? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ja.
4. „Berliner Modell“: Werden Sie sich außer für evangelischen und katholischen auch für anderen Religions- oder Weltanschauungsunterricht als ordentliche Schulfächer einsetzen? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ja.
5. Unabhängigkeit II: Was werden Sie unternehmen, damit Lehre und Forschung frei und unabhängig bleiben bzw. werden? Bedenken Sie bei Ihrer Antwort bitte die bestehende Abhängigkeit von so genannten „Drittmitteln“, Stiftungsprofessuren bzw. Beschränkungen durch religiöse Glaubensinhalte.
Eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen stärkt Freiheit und Unabhängigkeit der Forschung. Deshalb setzt sich die SPD für eine Erhöhung der Bildungsausgaben ein.
6. Geschlechterrollen: Was werden Sie außer der Unterstützung von „Girls‘ Days“ und „Boys‘ Days“ unternehmen, um Diskriminierung von und Vorbehalte gegenüber Männern in „Frauenberufen“ und Frauen in „Männerberufen“ abzubauen, mithin Geschlechterrollen zu öffnen?
Ich werde mich weiter für eine attraktivere Bezahlung „typischer Frauenberufe“ einsetzen, da dies einer der wichtigsten Punkte ist.
7. Lebenslanges Lernen: Welche Kernelemente wird Ihr „Sächsisches Bildungsurlaubsgesetz“ beinhalten?
Die SPD hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt: SPD-GesE Drs 5/6867, Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsBFQG).
III. GESUNDHEIT
1. Patientenrechte: Es sind Fälle bekannt geworden, in denen sich Ärzte aufgrund ihrer individuellen moralischen Ansichten über rechtsverbindliche Patientenverfügungen hinweg gesetzt haben. Wie werden Sie künftig die Einhaltung von Patientenverfügungen sicherstellen?
Dies liegt außerhalb meines Einflussbereiches als Landtagsabgeordnete.
2. Organspende: Welche Maßnahmen werden Sie zur Sicherstellung des ordentlichen Ablaufs von Organspenden und Transplantationen ergreifen?
Dies liegt außerhalb meines Einflussbereiches als Landtagsabgeordnete.
3. Selbstbestimmung: Befürworten Sie, Krankenhäusern den Versorgungsauftrag zu entziehen, wenn diese Patientinnen und Patienten die reproduktive Selbstbestimmung aus nicht-medizinischen Gründen verweigern? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ja. Mir sind bisher keine Fälle bekannt, in welchen die reproduktive Selbstbestimmung aus nicht-medizinischen Gründen verweigert wurde.
4. Selbstbestimmung am Lebensende: Werden Sie im Bundesrat eine Verschärfung der Rechtslage in Hinblick auf die Sterbehilfe ablehnen?
Ich bin im Bundesrat nicht stimmberechtigt. Grundsätzlich stehe ich der Sterbehilfe positiv gegenüber.
IV. TIERRECHTE
1. Sentience Politics: Wie stehen Sie zu Forderungen, Grundrechte auf (nicht-menschliche) Tiere auszuweiten? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ich stehe dem grundsätzlich positiv gegenüber.
2. Tierrechte I: Werden Sie sich für ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen einsetzen? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ja.
3. Tierrechte II: Welchen Einfluss werden Sie auf unwürdige Lebensbedingungen von Menschenaffen und anderen empfindungsfähigen Lebewesen in zoologischen Gärten nehmen?
Mit einer entsprechenden Definition von Standards lässt sich eine artgerechte Haltung erzwingen.
V. BUNDESRAT
1. Gleichbehandlung: Werden Sie sich über den Bundesrat für eine Abschaffung des „besonderen Tendenzschutzes“ (insbes. § 9 Abs. 2 AGG und § 118 Abs. 2 BetrVG) einsetzen? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ich setze mich dafür ein, dass die Sonderbestimmungen für das ArbeitnehmerInnenrecht in kirchlichen Einrichtungen, die z.B. die Zulässigkeit des „Dritten Wegs“ in der ArbeitnehmerInnenvertretung regeln, aufgehoben werden.
2. Justizopfer: Werden Sie sich über den Bundesrat für eine individualisierte Justizopferentschädigung z.B. entsprechend dem zivilen Schadensersatzrecht einsetzen? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ich halte es für entscheidender, dass über die Höhe der Entschädigungsleistungen an sich gesprochen wird und ob diese nach der Erhöhung der Pauschalen im Strafverfolgungsentschädigungsgesetz im Jahr 2009 auf 25 Euro pro Hafttag nunmehr angemessen sind oder weiterer Erhöhungsbedarf besteht. Österreich sieht hier beispielsweise einen Betrag von 100 Euro vor. Die Frage eines Systemwechsels ist für mich hierzu nachrangig.
VI. PERSÖNLICHE ANSICHTEN
1. Migration: Sind Sie der Auffassung, dass sich im Tod von Flüchtlingen, Asylsuchenden oder Menschen mit Migrationshintergrund auch (integrations-) politisches Versagen widerspiegelt? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Es gibt viel zu viele Todesfälle, in welchen sich politisches Versagen widerspiegelt – bei Opfern rechtsextremer Gewalt genauso wie bei Ertrunkenen vor den Grenzen Europas.
2. Werte: Sind Sie der Auffassung, dass sich die Menschen- und Grundrechte aus religiösen Glaubensinhalten ableiten? Begründen Sie bitte ggf. Ihre Antwort in nicht mehr als zwei Sätzen.
Ich bin der Auffassung, dass sich die Menschen- und Grundrechte AUCH aus religiösen Glaubensinhalten ableiten. Beispiel: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus.“ (Paulus)
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