
(Bildnachweis: Ralf Roletschek, commons wikimedia)
Am Sonntag, dem 31. August 2014, wird ein neuer Sächsischer Landtag gewählt. Wir wollten von den 55 Dresdner Direktkandidatinnen und Direkt-kandidaten mehr wissen, als im Sachsen-Wahl-O-Mat zu erfahren ist.
Im Folgenden finden Sie unsere Erläuterungen und Positionen sowie die Angaben, welche der Kandidierenden das ähnlich sehen.
II. BILDUNG
1. Unabhängigkeit I: Was werden Sie unternehmen, um staatlich hinreichend finanzierte, weltanschaulich und politisch neutrale sowie von wirtschaftlichen Vertriebsinteressen unabhängige Bildung in Kitas und Schulen zu gewährleisten?
Weil die Budgets von Kitas und Schulen knapp sind, setzen Unternehmen und Verbände zunehmend auf „Bildungssponsoring“. Obgleich Werbung im engeren Sinne an Schulen verboten ist, fehlt eine solche Regelung bislang im vorschulischen Bereich. Mit gesponserten (Unterrichts-) Materialien oder „Sportevents“, die in der Turnhalle beginnen und am Wochenende in einer Markthalle oder einem Autohaus fortgesetzt werden, halten Werbebotschaften Einzug in Kita- und Klassenzimmer. Politisch motivierte Stiftungen nehmen mittlerweile genauso wie Unternehmen Einfluss auf die Lerninhalte oder präsentieren ihre Programme.
Im ländlichen Raum werden immer wieder Schulen aufgrund zu geringer Schülerzahlen geschlossen. Häufig stehen dann kirchliche Schulstiftungen bereit, die Häuser in freier Trägerschaft zu übernehmen. Das ist für den Landeshaushalt zwar günstig, weil für den Betrieb dann weniger Mittel aufgebracht werden müssen. Im Gegenzug verschlechtern sich jedoch die Arbeitsbedingungen für das Personal, das sich dann nicht mehr auf die Tarifverträge der Länder berufen kann und i.d.R. nach Beendigung der Probezeit gekündigt wird, sofern es nicht der Kirche des Trägers beitritt. Begründet wird das dann mit dem besonderen Tendenzschutz (siehe V.1).
Eine unabhängige und neutrale Bildung braucht gesetzliche Werbeverbote und eine so solide finanzielle Ausstattung, dass Sponsorengelder unattraktiv bzw. unnötig werden. Der Rückgang der Schülerzahlen im ländlichen Raum sollte für die Verbesserung des Lehrer/Schüler-Schlüssels genutzt werden.
Ähnlich sehen das…
SPD: Sabine Friedel
Grüne: Dr. Achim Wesjohann
Die Linke: Annekatrin Klepsch
2. „Herdprämie“: Werden Sie über den Bundesrat für die Abschaffung des Betreuungsgeldes eintreten?
Über den Bunderat besteht für die Länder die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung, bei dem Betreuungsgeld handelte es sich um ein so genanntes Einspruchsgesetz. (Mehr dazu unter Punkt V.) Sachsen stimmte gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses.
Das Betreuungsgeld ist ein sozial- und bildungspolitischer Irrweg, der integrations- und gleichstellungs-politische Bemühungen konterkatiert und der frühkindlichen Bildung abträglich ist. Der Wahlfreiheit der Eltern – die als Argument für die Einführung des Betreuungsgeldes angeführt wurde – dient es noch am ehesten, wenn die Mittel für Ausbau, Sicherung und Vergünstigung des Betreuungsangebots verwendet würden.
Ähnlich sehen das…
Grüne: Valentin Lippmann, Dr. Achim Wesjohann
SPD: Sabine Friedel, Albrecht Pallas, Marc Dietzschkau, Dr. Eva-Maria Stange
Die Linke: Annekatrin Klepsch, Sarah Buddeberg
3. Familienbilder: Befürworten Sie die Darstellung von Patchwork-Familien, Regenbogenfamilien, (kinderlosen) Lebenspartnerschaften zwischen Frauen bzw. Männern sowie von allein erziehenden Müttern oder Vätern als der „klassischen Familie“ gleichwertige und gleichberechtigte Lebensentwürfe in Bildungseinrichtungen?
Auch bei diesem Thema: Information und Kennenlernen sind Voraussetzungen für den Abbau von Vorurteilen, wofür alle Möglichkeiten genutzt werden müssen – fächerübergreifend.
Ähnlich sehen das…
Grüne: Valentin Lippmann, Dr. Achim Wesjohann
SPD: Sabine Friedel, Albrecht Pallas, Marc Dietzschkau, Dr. Eva-Maria Stange
Die Linke: Annekatrin Klepsch, Sarah Buddeberg
4. „Berliner Modell“: Werden Sie sich außer für evangelischen und katholischen auch für anderen Religions- oder Weltanschauungsunterricht als ordentliche Schulfächer einsetzen?
In Berlin ist für die Klassenstufen 7 bis 10 Ethik ein versetzungsrelevantes Pflichtfach, zusätzlich kann auf freiwilliger Basis Religionsunterricht oder der Lebenskundeunterricht, getragen vom Humanististischen Verband Deutschlads | LV Berlin-Brandenburg, besucht werden. Wir plädieren für die Einführung dieses Modells auch in Sachsen.
Ähnlich sieht das…
SPD: Sabine Friedel
5. Unabhängigkeit II: Was werden Sie unternehmen, damit Lehre und Forschung frei und unabhängig bleiben bzw. werden? Bedenken Sie bei Ihrer Antwort bitte die bestehende Abhängigkeit von so genannten „Drittmitteln“, Stiftungsprofessuren bzw. Beschränkungen durch religiöse Glaubensinhalte.
Wenn Doktoranden nur noch eine befristete „halbe Stelle“ nach der anderen bekommen, die Arbeitszeit auf die Beantragung von Drittmittelprojekte verwenden, die eigentliche Promotion aber nach Feierabend schreiben müssen; wenn Master- und Bachelor-Studierende (Diplomanden gibt es seit dem Bologna-Prozess fast nicht mehr) mit Lehrstoff überhäuft werden, die Allgemeinbildung auf der Strecke bleibt…
Unter „Bildungsrepublik“ stellen wir uns etwas anderes vor. Z.B. Festanstellungen, mehr Personal; mithin mehr Zeit für die ureigensten Aufgaben Lehre und Forschung. Ja, das kostet Geld; nein, Stiftungsprofessuren und Drittmittel sind nicht die Lösung, höchstens eine Ergänzung.
Wenn es um die grundgesetzlich verbriefte Freiheit von Forschung und Lehre in der Praxis geht, erinnern wir an Hans Küng, Horst Herrmann oder Uta Ranke-Heinemann. Kam Theologie zu Forschungsergebnissen, zu denen sie nicht kommen durfte (keine Unfehlbarkeit des Papstes; Stiftung der katholischen Kirche nicht durch Jesus von Nazareth; keine Jungfrauengeburt Jesu), wurden die Forscher abgesetzt.
Ähnlich sehen das…
Grüne: Valentin Lippmann, Dr. Achim Wesjohann
SPD: Sabine Friedel, Albrecht Pallas, Marc Dietzschkau, Eva-Maria Stange
Die Linke: Annekatrin Klepsch, Sarah Buddeberg
6. Geschlechterrollen: Was werden Sie außer der Unterstützung von „Girls‘ Days“ und „Boys‘ Days“ unternehmen, um Diskriminierung von und Vorbehalte gegenüber Männern in „Frauenberufen“ und Frauen in „Männerberufen“ abzubauen, mithin Geschlechterrollen zu öffnen?
Wenn Kinder erfahren, dass Piloten oder Banker mehr Ansehen erfahren als Kita-Pädagoginnen oder Krankenschwestern, übertragen sie das geschlechtsspezifisch auch auf sich selbst. Neben solchen weichen Faktoren tragen aber auch Gehaltsunterschiede von Männern und Frauen in gleichen Berufen zum Bild der Ungleichwertigkeit bei. Prägende Rollenbeispiele wie Pilotinnen, Krankenpfleger, Sozialpädagogen oder Tischlerinnen in Kita und Schule kennenlernen zu können, wäre eine unterstützenswerte und dabei sehr kostenarme Möglichkeit, um Vorurteile abzubauen.
Hinzutreten müssen selbstverständlich ausfinanzierte Gleichstellungsarbeit, entsprechende Berufs-orientierungsangebote und die fächerübergreifende Darstellung der Gleichwertigkeit von Frauen und Männern anhand für Kinder nachvollziehbaren Beispielen.
Ähnlich sehen das…
Grüne: Valentin Lippmann, Dr. Achim Wesjohann
SPD: Sabine Friedel, Albrecht Pallas, Marc Dietzschkau, Dr. Eva-Maria Stange
Die Linke: Annekatrin Klepsch, Sarah Buddeberg
FDP: Carsten Biesok
7. Lebenslanges Lernen: Welche Kernelemente wird Ihr „Sächsisches Bildungsurlaubsgesetz“ beinhalten?
Bildungsurlaub bzw. -freistellung ist in der Regel auf Themen der politischen und beruflichen Bildung beschränkt, wobei der Schwerpunkt mittlerweile bei der Nutzung berufsnaher Angebote liegt. Die bildungspolitische Begründung dieser Regelungen besteht in der für das lebenslange Lernen mobilisierenden Wirkung. Für Beamte ist die Thematik des Bildungsurlaubs in den Regelungen über den Sonderurlaub enthalten, für Betriebsratsmitglieder im Betriebsverfassungsgesetz. (Quelle: wikipedia)
Bestehende Gesetze in 12 der 16 Bundesländer regeln insbesondere Antragsfristen, Anspruchsberechtigung und mögliche Ablehnungsgründe seitens des Arbeitsgebers. (Quelle: Übersicht bestehender Landesgesetze; pdf)
Sachsen sollte, genau wie die drei weiteren Bundesländer ohne entsprechende Regelung, ein solches Gesetz verabschieden.
Ähnlich sehen das…
Grüne: Valentin Lippmann, Dr. Achim Wesjohann
SPD: Sabine Friedel, Albrecht Pallas, Marc Dietzschkau, Dr. Eva-Maria Stange
Die Linke: Annekatrin Klepsch, Sarah Buddeberg
Der Themenkomplex II im Spiegel der Parteiprogramme:
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Themenkomplexe Gesundheit, Tierrechte, Bundesrat und persönliche Ansichten →